Unilever ruft - AID und DGE folgen brav
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Der aid verschickte heute eine ganz besonders bemerkenswerte Pressemeldung. Es ging dabei um „gute“ und „schlechte“ Fette.
http://www.aid.de/presse/presseinfo.php?...ag&id=4303

Nicht etwa, dass man die deutsche Bevölkerung dringlichst über die neue Einschätzung der besten verfügbaren Evidenz seitens der WHO/FAO-Experten informieren wollte, die da ergibt: gesättigte Fettsäuren sind kein Risikofaktor, ungesättigte kein Schutzfaktor und eine fettarme Kost oder der Austausch von gesättigten Fettsäuren gegen ungesättigte senken weder die KHK- noch die Gesamtsterblichkeit (Skeaff 2009). Nein, man wollte auch nicht das Ergebnis der jüngst veröffentlichen umfassendsten Metaanlyse zum Einfluss von tierischen Nahrungsmitteln auf KHK verbreiten, die ebenfalls zum Ergebnis hatte, dass gesättigte wie auch ungesättigte Fettsäuren keinen Einfluss auf KHK haben und auch für Eier, Milch und Fleisch keine Risiko zu erkennen ist (Mente 2009). Vielmehr scheint es dem aid darum zu gehen, eine bessere Botschaft in die Bevölkerung zu tragen. Und das kam wie folgt:

Am 1./2. Februar 2009 hatte Unilever eine internationale „Expertentagung“ in Barcelona finanziert. Die dort versammelten handverlesenen Teilnehmer kamen nach Prüfung der selben Datenlage überraschend zum Schluss, dass es doch „ungünstige“ Fett gäbe und dass durch einfache Änderungen der Auswahl – pflanzliche Fette anstelle von tierischen Fetten – sich ein erheblicher Nutzen erreichen ließe. Die hierdurch erzielte verbesserte Fettzusammensetzung der Ernährung, so wurde verlautet, könne signifikant dazu beitragen, das Risiko von Übergewicht und von Herz- und Gefäßkrankheiten in der Bevölkerung zu senken. Soweit die Sichtweise der von Unilever besonders geschätzten Experten.

Ein ganz wichtiges Ergebnis des Meetings in Barcelona war auch, dass es angebracht sei, besagte Erkenntnis in einer einfachen Sprache zu kommunizieren, man also die "guten“ gesunden Fette und die "schlechten" ungesunden Fette gegenüber dem Verbrauch klar und deutlich ansprechen solle. „Gut“ und „gesund“ sind gewisse Öle und Margarinen. Und „schlecht“ und „ungesund“ sind die tierischen Fette, die, die es auf dem Markt zu verdrängen gilt. Als offizieller Mitautor dieses unabhängigen Experten­papiers firmiert übrigens Hans Zevenbergen, Leiter der Sparte Ernährung von Unilever-Forschung und –Entwicklung.

Nachlesen kann man das hier:
http://www.finanznachrichten.de/ausdruck...-e-004.htm

Die Veröffentlichung in den Annals of Nutrition and Metabolism erhält man hier: http://content.karger.com/produktedb/pro...=000220826
(Falls gewünscht kann ich die Originalarbeit als pdf zur Verfügung stellen)

Nota Bene: Auf der oben zitierten Meldung bei "Finanznachrichten" sieht man ganz unten, dass die weltweit agierende Agentur Edelmann die PR-Arbeit zu diesem Experten-Event übernommen hat und man sieht auch den „nicht zur Veröffentlichung“ vorgesehenen Hinweis, dass Unilever diesen Experten-Konsens finanzierte.

Kurz darauf haben verantwortungsbewusste Organisationen in 20 Ländern noch nationale „Expertentreffen“ anberaumt. So trafen sich zehn deutsche „Experten“ unter der Obhut der DGEM am 16. Februar 2009 in Berlin – wiederum mit freundlicher Unterstützung von Unilever. Die sollten die Datenlage auch noch einmal diskutieren. Überraschenderweise kamen sie wortwörtlich zu den selben Schlussfolgerungen wie die Kollegen aus Barcelona. Anschließend verbreitete man diese unter Firmierung von Arne Kirchem, dem Vertreter von Unilever Deutschland. In der handverlesenen Expertenrunde saßen u. a.: Margret Büning-Fesel vom aid, Helmut Heseker von der DGE und natürlich wie immer, wenn es darum geht, die Wahrheit über tierische Fett zu verbreiten, Ursel Wahrburg von der Fachhochschule Münster. Ja und sogar Astrid Potz, die Vertreterin des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbaucherschutz ließ sich für diese hochkarätige Wissenschaftstagung nicht lumpen.

Das kann man hier nachlesen:
http://dgem.de/material/pdfs/DGEM_Gesund...zufuhr.pdf
(Falls der Link nicht funktioniert: http://www.dgem.de, Rubrik "Über die DGEM", "Aktivitäten")

Über diesen wichtigen nationalen Event unterrichte dann die DGE/Ernährungsumschau und man folgte brav der Aufforderung, Unilever als Sponsor nicht zu nennen.
http://www.ernaehrungs-umschau.de/suche/?id=3812

Der aid berichtete ebenfalls auf seiner Website und natürlich heute per Pressemeldung – ebenfalls ganz gehorsam ohne Hinweis auf den Sponsor.
http://www.aid.de/presse/presseinfo.php?...ag&id=4303

So kümmert sich die Margarine-Industrie schon seit 40 Jahren selbstlos um die Ernährungslehre – aber selten so unbekümmert wie heute. Es stört ja niemanden. Erfahrungsgemäß sind DGE und aid bei diesen Aufklärungskampagnen gerne dabei. Schließlich ist die DGE „der Wissenschaft verpflichtet“ und fördert „wissenschaftlich fundierte und unabhängige Ernährungsaufklärung und Qualitätssicherung“.
http://www.dge.de/modules.php?name=Conte...page&pid=6

Und der aid informiert auch „kompetent, objektiv, fundiert und unabhängig auf gesicherter wissenschaftlicher Basis“:
http://www.aid.de/allg/aid_im_profil_leitbild.php

Zum Schluss noch ein echter Klassiker aus der aid-Pressemeldung. Da steht: „Tierische Lebensmittel - mit Ausnahme von Fisch - enthalten vor allem gesättigte Fettsäuren. Das betrifft reine Fette wie Butter, Gänse- oder Schweine­schmalz genauso wie die versteckten Fette in Milch, Rindersteak, Hähnchenkeule & Co.“

Interessant! Wenn man aktuelle Standard-Nährwerttabellen zu Rate zieht und addieren kann, kommt man, wie seit jeher, beim Schweinefleisch auf etwa 60 % ungesättigte Fettsäuren, bei Geflügelfleisch auf etwa 70 % ungesättigte, bei Rind auf etwa 50 % ungesättigte und nur beim Milchfett auf etwa 60 % gesättigte, wobei ein Großteil davon kurzkettige Fettsäuren sind und den Fettstoffwechsel nicht beeinflussen.
Zitat:Korrektur
Am 04.11.2009 hat die aid ein Corrigendum veröffentlicht, in dem dieser Unsinn revidiert wurde:
http://www.aid.de/presse/presseinfo.php?...ag&id=4333
All diese wertvolle Aufklärungsarbeit wird selbstverständlich mit den Steuergeldern nichtsahnender Bürger ermöglicht.

Viele Grüße,
Nicolai Worm
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